TTG-P365
Pilotanlage Netzbooster TenneT
Netzbooster TenneT
Basisdaten
Projektbeschreibung
Im Rahmen des Projektes P365 ist die Errichtung der Pilotanlagen des Netzboosters in Audorf/Süd und Ottenhofen geplant.
Die Netzbooster-Pilotanlagen dienen der Erprobung des innovativen Konzepts zur Höherauslastung des Übertragungsnetzes. Das Konzept des Netzboosters sieht dazu eine kurative Netzbetriebsführung vor: Bei Ausfällen sollen mit einer gezielten und aufeinander abgestimmten Leistungseinbringung und -entnahme Überlastungen vermieden bzw. in sehr kurzer Zeit auf zulässige Werte reduziert werden. Dadurch können die Leitungsauslastung im ungestörten Betriebszustand erhöht sowie die bestehenden Übertragungskapazitäten des Höchstspannungsnetzes besser ausgeschöpft und dabei präventiver Redispatch gespart werden. Es wird keine Primärreserveleistung, Erzeugungs- oder Lastabwurf aktiviert. Zur Realisierung ist folgende Maßnahme vorgesehen:
- M583: 100 MW Netzbooster-Anlagen an den Standorten Audorf/Süd und Ottenhofen
Maßnahmen des geplanten Projektes
Begründung des geplanten Projekts
Charakteristika des betroffenen Netzbereichs
Vor allem aufgrund des absehbaren massiven Zubaus an regenerativen Erzeugungsanlagen an Land in Schleswig-Holstein und Niedersachsen sowie an Offshore-Windenergie in der Nordsee ergibt sich ein zusätzlicher Erzeugungsüberschuss in Norddeutschland. Bundesländer in Süddeutschland wie Baden-Württemberg, Bayern und Hessen sind hingegen nach dem Ausstieg aus der Kernenergie in besonderem Maße auf Energietransporte aus anderen Regionen angewiesen und müssen 2035 knapp 40% ihres Jahresenergieverbrauchs importieren. Dadurch ergibt sich in vielen Situationen ein Nord-Süd Transit in Deutschland, der insbesondere im Hinblick auf Verzögerungen bei Leitungsbauprojekten zu Engpässen führen wird. Das Innovationspotenzial in Form eines koordinierten Einsatzes von Netzboostern kann einen wesentlichen Beitrag zur Reduzierung von Engpässen liefern.
Zur Hebung dieses Innovationspotenzials wird folgende Roadmap vorgeschlagen:
- Errichtung der Pilotanlagen und Sammlung von Betriebserfahrungen. Zu den adressierten Themenbereichen gehören
- der Einsatz neuer Technologien,
- die Einbindung in das Netzleitsystem,
- die Einbindung in die Schutzkonzepte,
- die Ausarbeitung und Implementierung eines Betriebsführungskonzepts,
- die Ausarbeitung und Implementierung eines Ablösekonzepts,
- die Ausarbeitung und Implementierung eines Rückführkonzepts,
- die Gewährleistung des Umwelt-, Arbeits- und Brandschutzes,
- die Analyse der Anlagenzuverlässigkeit und
- die über ÜNB koordinierte Zusammenwirkung mehrerer Netzbooster-Anlagen.
- Entwicklung eines koordinierten Betriebsführungskonzepts, u. A. unter Einbezug der Ergebnisse des Verbundforschungsvorhabens „InnoSys 2030 – Innovationen in der Systemführung bis 2030“
- Überführung des Konzeptes in die operative Netzbetriebsführung
- Entscheidung über die Errichtung von weiteren Netzbooster-Anlagen
Netzplanerische Begründung
Die Übertragungsnetzbetreiber evaluieren kontinuierlich die sich durch neue Technologien ergebenden Chancen und die Möglichkeiten des Einsatzes neuartiger und weiterentwickelter Betriebsmittel. Insbesondere Technologien zur Automatisierung und Höherauslastung der Bestandsnetze sind hierbei im Fokus. Um die hohe Systemsicherheit des deutschen Übertragungsnetzes nicht zu gefährden, ist eine ausreichende Erprobungsphase dabei unabdingbar. In Zukunft soll durch Punktmaßnahmen die Ausnutzung der bestehenden Übertragungskapazität weiter optimiert werden. Ziel ist die Realisierung von neuen kurativen, flächendeckend wirkenden Netzbetriebsmaßnahmen, um bestehende Netzstrukturen besser ausnutzen und damit den Bedarf an zusätzlichen Leitungsmaßnahmen ggf. reduzieren zu können. Konkret werden Teile der bisher immer auf Stromkreisen vorgehaltenen Reserve zur Beherrschung von Ausfällen auf die neu zu errichtenden Punktmaßnahmen transformiert. Diese Maßnahmen müssen für einen sicheren Netzbetrieb zunächst erprobt werden. Dazu bieten sich die Pilotprojekte der Netzbooster-Technologie an den Standorten Audorf/Süd und Ottenhofen an.
Da beim Netzboosterkonzept keine Primärreserveleistung in Anspruch genommen werden soll, müssen durch die Aktivierung einer Netzboosteranlage ausgelöste Einspeiseerhöhungen ebenso wie Einspeisereduzierungen bilanziell ausgeglichen sein. Beispielsweise muss der Einspeiseerhöhung durch die Netzboosteranlage Ottenhofen eine zeitgleiche Einspeisereduzierung im Norden, am Standort Audorf, gegenüberstehen.
Der Standort in den Umspannwerken Audorf/Süd und Ottenhofen ist so gewählt, dass die etwa 100 MW großen Testanlagen einer Vielzahl an Engpässen (flächendeckend) auf den Nord-Süd-Transitachsen entgegenwirken können.
Die geplanten Maßnahmen dienen auch der Vorbereitung eines möglichen zukünftigen noch großflächigeren Einsatzes. Nach erfolgreicher Implementierung und Erprobung des Einsatzkonzepts und des Einsatzmechanismus und gemeinsamer Schnittstellen sollen die beiden Pilotkonzepten von TenneT und TransnetBW (P365 sowie P427) hin zu einem koordinierten Einsatz weiterentwickelt werden – unter Verwendung der Netzbooster-Anlagen.
Anderweitige Planungsmöglichkeiten
Als anderweitige Planungsmöglichkeiten werden von den ÜNB anderweitige Technologiekonzepte, die Gesamtplanalternative, die Instrumentarien nach dem NOVA-Prinzip sowie alternative Netzverknüpfungspunkte betrachtet. Prüfungen nach dem NOVA-Prinzip und der alternativen Netzverknüpfungspunkte sind projektbezogen und können sich daher im Umfang unterscheiden.
Anderweitige Technologiekonzepte und Gesamtplanalternativen
Die vier Übertragungsnetzbetreiber haben sich im Rahmen der technischen Alternativenprüfung für eine Kombination des AC-Netzes mit der Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung als Technologiekonzept entschieden. Grundsätzlich sind anderweitige Planungsmöglichkeiten auch dadurch dargestellt, dass im NEP 2035 (2021), ausgehend vom genehmigten Szenariorahmen, vier unterschiedliche Szenarien und dem folgend vier Ergebnisnetze als Gesamtplanalternativen einander gegenübergestellt werden. Die Maßnahme M583 hat sich zuletzt im NEP 2035 (2021) für das Ergebnisnetz als erforderlich erwiesen. Aufgrund der Überführung in das Startnetz erfolgte im aktuellen NEP keine erneute Überprüfung.
Darüber hinaus wurden im NEP 2030 (2019) in einem zusätzlichen Szenario B 2025 Ad hoc-Maßnahmen geprüft. Das Projekt hat sich anhand von Redispatch-Analysen im Szenario B 2025 als hilfreich erwiesen. Auch wurde im Rahmen des zweiten Entwurfs des NEP 2035 (2021) eine vollumfängliche Wirtschaftlichkeitsanalyse unter Berücksichtigung der relevanten planerischen Untersuchungen sowie notwendigen Annahmen und Vereinfachungen durchgeführt. Die Netzbooster-Pilotanlagen haben sich anhand von Analysen für die Jahre 2025 bis 2040 erneut als wirtschaftlich erwiesen. Die Pilotanlagen dienen in erster Linie zur Erprobung des Netzbooster-Konzepts. Der Vorteil von Netzboostern wird aufgrund der geringen Rauminanspruchnahme vor allem bei der Akzeptanz im Vergleich zu Stromtrassen liegen.
Prüfung nach NOVA
Ein witterungsabhängiger Freileitungsbetrieb (WAFB) wurde als Optimierungsmaßnahme bei den Netzberechnungen generell berücksichtigt.
Die Maßnahme M583 dient der Erprobung der Optimierung der bestehenden Infrastruktur.
Prüfung alternativer Netzverknüpfungspunkte und weiterer Alternativen
Die Maßnahmen wurden unter Abwägung der lokalen Gegebenheiten, wie z. B. die Anbindung der Netzverknüpfungspunkte in das umgebende Transportnetz entwickelt.
Bisherige Bestätigung des Projekts
Das Projekt P365 wurde erstmals im NEP 2030 (2019) identifiziert und im NEP 2030 (2019) sowie im NEP 2035 (2021) von der Bundesnetzagentur bestätigt.
Einordnung in den Netzentwicklungsplan
Das vorgestellte Projekt ist Teil des Startnetzes des vorliegenden Netzentwicklungsplans. Das Startnetz umfasst bestehende und bereits weit fortgeschrittene Netzentwicklungsmaßnahmen. Im Rahmen der Netzanalysen Onshore wird zunächst geprüft, ob das Startnetz ausreichend ist, um die in der Marktsimulation ermittelten Leistungsflüsse zu transportieren. Darauf aufbauend werden dann weitere Netzentwicklungsmaßnahmen geprüft.
Projektkarte nach Region