11.12.2015 - 13:21 | Regionale Planungsgemeinschaft Harz | NEP

Betreff: Stellungnahme zum NEP / O-NEP 2013

Die folgende Stellungnahme bezieht sich auf den NEP 2013/2025. Mit einer Veröffentlichung der Stellungnahme auf www.netzentwicklungsplan.de bin ich,
Dr. Dietmar Jung, Regionale Planungsgemeinschaft Harz, einverstanden.

Stellungnahme der RPGHarz zum NEP2025 (Version 2015, 1. Entwurf)

Sehr geehrte Damen und Herren,

gemäß Landesentwicklungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt nimmt die Regionale
Planungsgemeinschaft Harz (RPGHarz) als Zweckverband für seine
Verbandsmitglieder (Landkreis Harz und Landkreis Mansfeld-Südharz) für den
Bereich der Planungsregion Harz die Aufgabe der Regionalplanung wahr. Die
Planungsregion Harz umfasst den Landkreis Harz und die westliche Hälfte des
Landkreises Mansfeld-Südharz mit den Städten und Gemeinden Sangerhausen,
Allstedt, Südharz und Goldene Aue. Rechtsgrundlage für die
regionalplanerische Bewertung Ihres Vorhabens, soweit dieses unseren
Zuständigkeitsbereich berührt, ist der seit 2009 geltende Regionale
Entwicklungsplan für die Planungsregion (REPHarz).

Prinzipiell ist die Einbeziehung der Öffentlichkeit im
Konsultationsverfahren zum Netzentwicklungsplan 2015 zu begrüßen. Allerdings
erschwert die Art und Weise der Bereitstellung der diesbezüglichen
Unterlagen (z.B. keine separate(-s) Hinweis-E-Mail/Schreiben an die
Landkreise/Planungsverbände/Planungsgemeinschaften zur Möglichkeit einer
Abgabe einer Stellungnahme, nur online-Beteiligung, großer Umfang der
Unterlagen, komplizierte Struktur der Unterlagen mit verschiedensten Dateien
und Links) eine einigermaßen effektive Prüfung des NEP-Entwurfes auf eine
mögliche Betroffenheit. Das mögen größere Verwaltungen noch bewältigen
können, aber kleinere Verwaltungen und erst recht Privatpersonen dürften
damit große Schwierigkeiten bei der Sichtung und Bewertung der Unterlagen
haben. Dabei ist die hohe Komplexität der rahmengebenen Gesetzgebung und
damit verbunden die diesbezüglichen unterschiedlichsten Verfahrensschritte
bei der Umsetzung des bundespolitisch gewollten Netzausbaus zu
berücksichtigen. Bei der Durchführung künftiger öffentlicher
Konsultationsverfahren sollte dies beachtet werden.

Die Planungsregion Harz ist von mindestens 3 Projekten des NEP2015
unmittelbar bzw. mittelbar betroffen, und zwar von der HGÜ-Verbindung von
Sachsen-Anhalt nach Bayern (DC5G/DC5I und DC6G/DCGI), von der
Netzverstärkung Wolmirstedt-Klostermansfeld-Querfurt/Nord und von der
Netzverstärkung Querfurt/Nord-Wolkramshausen.

Bezüglich der im Kapitel 2.2.2. beschriebenen Regionalisierungsmethode
erneuerbarer Energien weise ich darauf hin, dass für die Bewertung einer
künftigen Entwicklung der Windenergienutzung in der Planungsregion die im
REPHarz derzeit rechtskräftig ausgewiesenen (und im Wesentlichen inzwischen
zugebauten) Vorrang- und Eignungsgebiete für die Nutzung der
Windenergienutzung maßgebend sind. Diese machen ca. 0,5 % der Regionsfläche
aus. In den nächsten Jahren wird diese Windgebietskulisse im Rahmen einer
Teilfortschreibung des REPHarz um den Sachlichen Teilplan „Erneuerbare
Energien – Windenergienutzung“ fortgeschrieben. Gemäß der
landesplanerischen und landespolitischen Vorgaben der Landesregierung soll
bei dieser Teilfortschreibung schwerpunktmäßig die Optimierung der
bestehenden Windgebietskulisse für das Repowering von Windenergieanlagen
geprüft werden. Ob über den bestehenden Gebietsstand hinaus künftig weitere
neue Vorrang-/Eignungsgebiete-Windenergie ausgewiesen werden, kann zum
jetzigen Zeitpunkt noch nicht eingeschätzt werden. Auf alle Fälle ist aber
darauf hinzuweisen, dass auf Grund der generell hochwertigen Naturraum- und
Landschaftsausstattung in der Region ein diesbezüglich hoher
Restriktionsgrad besteht, in dem ein Vielzahl öffentlicher Belange der
Windenergienutzung entgegen zu halten ist (z.B. Vielzahl großflächiger
naturschutzrechtlicher Schutzgebiete, einschließlich NATURA-2000-Gebiete;
Nördliches und Nordöstliches Harzvorland Weltdichtezentrum des Rotmilans als
geschützte Vogelart, die eine besondere Empfindlichkeit gegenüber
Windenergieanlagen aufweist; großflächig wertvolle Kulturlandschaften mit
vielen prägenden Sichtachsen, Weltkulturerbestätte Quedlinburg, etc.).

Auf Grund der eben benannten flächenmäßig hohen Grades von Raumwiderständen
nicht nur gegenüber Windenergieanlagen, sondern auch gegenüber anderen
weiträumigen technischen Überprägungen (wie z.B. Energiefreileitungen von
Höchstspannungs - und Gleichstromtrassen) würde die RPGHarz für die
HGÜ-Trasse von Sachsen-Anhalt nach Bayern die östlichere Trassenvariante
Wolmirstedt-Isar klar bevorzugen. Bei dieser HGÜ-Trasse ist aber auch
nochmals generell die Nullvariante zu prüfen, ob diese Planung überhaupt
Sinn macht (siehe hierzu z.B. DIW Berlin, Politikberatung kompakt 97/2015,
nach dem die Süd-Ost-HGÜ-Passage von Sachsen-Anhalt nach Bayern
energiewirtschaftlich überhaupt nicht notwendig ist). Die mit einer solchen
Trasse verbundenen großräumigen umweltbezogenen, sozioökonomischen und
wirtschaftsstrukturellen Auswirkungen rechtfertigen eine derartige Planung
nur dann, wenn zweifelsfrei auch eine energiewirtschaftliche Notwendigkeit
bewiesen worden ist und Sachsen-Anhalt und damit auch die Region Harz als
reines Transitland nicht nur die diesbezüglichen Nachteile erfährt (negative
Umweltauswirkungen, kaum wirtschaftsstrukturelle Impulse für die Region, im
Bundesvergleich höhere Stromkosten für Verbraucher und Wirtschaft durch
EE-Zu- und Netzausbau).

Die hohe Empfindlichkeit der Region Harz (Harzgebirge und Nördliches,
Nordöstliches und Südliches Harzvorland) gegenüber den im NEP2015
vorgesehenen Trassenneu- und -ausbau wird auch in einem erst 2014 erstellten
Regionalen Kulturlandschaftskonzept für die Planungsregion Harz ersichtlich.
Im Ergebnis dieser umfangreichen Untersuchung wurden gutachterlich immerhin
von insgesamt 57 Kulturlandschaftseinheiten 38 Kulturlandschaftseinheiten
eine schützenswerte „besondere Eigenart“ zugesprochen, die zusammen ca. 48 %
der Regionsfläche ausmachen. Diese Kulturlandschaftseinheiten mit
besonderer Eigenart sind als „unverwechselbare, außergewöhnliche und seltene
Landschaften durch geeignete Maßnahmen der Raumplanung im Zusammenwirken mit
Natur- und Denkmalschutz in ihrer Erhaltung zu schützen…, sie sind als
Identifikations- und Erholungsräume zu stärken und vor einer Überformung
bzw. Beeinträchtigung zu bewahren….“. Auch über diese besonders wertvollen
Kulturlandschaftseinheiten hinaus wurde im Kulturlandschaftskonzept
insgesamt "die Bewahrung der Transparenz zwischen Harz und seinen nördlichen
und südlichen Harzvorländern als Voraussetzung für die großräumige
Wahrnehmbarkeit von kulturlandschaftlichen Zusammenhängen und
identitätsprägenden kulturlandschaftlichen Objekten und Bereichen durch
Vermeidung vertikaler Großbauten in den regional bedeutenden
Sichtbeziehungen" als ein Leitziel herausgearbeitet.

Das Regionale Kulturlandschaftskonzept für die Planungsregion Harz kann als
Kurzfassung unter unserer Homepage www.rpgharz.de (Rubrik Projekte) oder
komplett unter dem Link
https://drive.google.com/folderview?id=0By0Ff82zOTomfnQ2Z0FmRXJhRDlZVHVHUjRQ
Q0FSbk11QnFxWm9Xa0pDWHpfZ2hJVzJCRUE
&usp=sharing eingesehen
werden.

Neben den regionalplanerischen Vorgaben des REPHarz sind auch die
gutachterlichen Vorgaben des Regionalen Kulturlandschaftskonzeptes bei den
im NEP2015 geplanten Ausbaumaßnahmen zu den Netzverstärkungen
Wolmirstedt-Klostermansfeld-Querfurt/Nord und Querfurt/Nord-Wolkramshausen
zu beachten. Beide Trassen berühren bzw. queren jeweils mehrere
Kulturlandschaftseinheiten mit besonderer Eigenart bzw. befinden sich im
näheren Sichtbereich mehrerer gutachterlich ermittelter regional bedeutsamer
Kulturlandschaftsbestandteile und Siedlungsstrukturen. Insofern dürfen die
geplanten Ausbaumaßnahmen nicht zu einer deutlich stärkeren technischen
Überprägung im Vergleich zum Istzustand führen. Mindestens im
Querungsbereich der Kulturlandschaftseinheiten mit besonderer Eigenart ist
das Vorrangprinzip für die Erdverkabelung strikt umzusetzen. Aus den
Projektsteckbriefen ist bisher auch nicht klar erkennbar, ob die bisherigen
380kV- bzw. 220kV-Leitungen durch die neuen Leitungen abgelöst oder ergänzt
werden, mal ist von "Verstärkung" der Trasse, mal von der "Errichtung einer
neuen 380kV-Leitung in die bestehende Trasse" die Rede. Hier ist folglich
künftig in Steckbriefen klarer als bisher der jetzige und künftig angedachte
technische Ausbaustand dieser Trassen zu beschreiben.

Auch wenn im NEP2015 noch keine konkreten Trassenverläufe der
Übertragungsleitungen festgelegt werden, bestimmt doch insbesondere bei der
noch ausstehenden Variantenentscheidung der HGÜ-Trasse von Sachsen-Anhalt
und Bayern die Festlegung der endgültigen Netzendpunkte maßgeblich die
mögliche Konfliktdichte bei der Trassenfindung in den nachfolgenden
Verfahren. Ich bitte Sie folglich, die hier übermittelten Ausführungen zur
Betroffenheit der Planungsregion Harz in der Fortschreibung des NEP2015
hinreichend zu berücksichtigen.

Die Geschäftsstelle der RPGHarz geht hinsichtlich der
SUEDLINK-HGÜ-Verbindung von Schleswig-Holstein nach Bayern (DC4) nach
jetzigem Kenntnisstand von keiner Betroffenheit mehr aus. Zwar gab es beim
diesbezüglichen Antrag des ÜNB Tennet auf Durchführung der Bundesfachplanung
2014 auch ein Trassenkorridor Ost, der die Planungsregion Harz querte (im
Variantenvergleich von Tennet aber wieder verworfen). Aber auf Grund des
nunmehr geltenden Vorrangprinzips der Erdverkabelung beim HGÜ-Neubau gehen
wir davon aus, dass zur Erreichung des damit verbundenen Ziels einer
"möglichst an der Luftlinie orientierter, geradliniger Verlauf des
Trassenkorridors zwischen Anfangs- und Endpunkt" (aus Begründung des
Änderungsantrages der Regierungsfraktion zum Entwurf des Gesetzes zur
Änderung von Bestimmungen des Rechts des Energieleitungsbaus) die
SUEDLINK-Trasse DC 4 nun endgültig westlich des Harzgebirges verlaufen und
damit die Planungsregion Harz nicht mehr berührt sein wird. Sollte dies
anders sein, wären die o.g. Ausführungen zur Betroffenheit der Region durch
die HGÜ-Trasse DC5/DC6 sinngemäß auch bei der SUEDLINK-Trasse anzuwenden.


Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jung

Geschäftsstellenleiter

Regionale Planungsgemeinschaft Harz

Geschäftsstelle

Turnstraße 8

06484 Quedlinburg

Tel.: 03946/68 95 96 - 0
Fax: 03946/68 95 96 - 55

E-Mail:
zweckverband.rpgharz@t-online.de